Über mangelnde Nachfrage können die Siegburger nicht klagen. Zwischen 20 und 80 Reparaturen werden pro Samstag durchgeführt. "Manchen Besuchern sind Dinge einfach zu schade, um sie nach kurzer Zeit wegzuwerfen. Eine herkömmliche Reparatur finden sie aber zu teuer, wenn sie denn überhaupt angeboten wird", so Julia Oberdörster. Manchmal hätten Sachen auch einen emotionalen Wert. Wie das Schaukelpferd, das über mehrere Generationen in einer Familie weitergegeben wurde und dem die Reparierer das Wiehern zurückgeben haben.
Zahlreiche Staubsauger, Fahrräder und Mixer sind im Repair Café Siegburg schon vor einem zu frühen Ende bewahrt worden.
Die Kaffeemaschine streikt, der Mixer ist kraftlos, das Radio gibt keinen Ton mehr von sich - also weg damit und neu kaufen? Häufig läuft es so. Statistisch gesehen produziert jeder Deutsche 21,6 Kilogramm Elektroschrott pro Jahr. Und auch viele andere Gebrauchsgegenstände wandern in den Müll, obwohl sie durchaus noch zu gebrauchen wären. Das Team des Repair Cafés Siegburg möchte dazu beitragen, dass dies anders wird. Seit drei Jahren verhelfen die Reparierer an jedem ersten Samstag im Monat Elektrogeräten, aber auch Kleidung und Fahrrädern zu einem zweiten Leben. "Uns geht es um Wertschätzung der Dinge, der Menschen, der Gemeinschaft", sagt Julia Oberdörster. Die Umweltberaterin hat zwar beruflich mit dem Thema Abfallvermeidung zu tun, engagiert sich im Repair Café aber zusätzlich und privat. "Es macht einfach Spaß", sagt sie.
Reparieren verändert Wahrnehmung und Wertschätzung
Die Siegburger Initiative hat sich unter dem Dach der örtlichen Freiwilligenagentur gegründet, die bei der Diakonie im Kirchenkreis angesiedelt ist. Konto und Versicherung beispielsweise laufen über die Freiwilligenagentur. So brauchte die Gruppe keinen eigenen Verein zu gründen. Die Diakonie stellt den Reparierern den "Zeitraum", einen Saal im Bildungs- und Begegnungszentrum in der Fußgängerzone, für das monatliche Café zur Verfügung. "Es ist nicht unbedingt nötig, aber sehr hilfreich, wenn man auf eine Organisation zurückgreifen kann. Vor allem braucht man eine gut erreichbare Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse", sagt Julia Oberdörster. Bei der Konzeption des Reparatur-Cafés haben sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter sich an den Tipps und Grundsätzen der niederländischen Stiftung "Stichting Repair Café" orientiert.
Etwa dreißig Personen von 30 bis über 80 Jahren betreuen das Siegburger Angebot. Dabei geht es nicht darum, Fachwerkstätten Konkurrenz zu machen. Im Vordergrund stehen vielmehr Begegnung und Wissensaustausch. Das Interesse am Reparieren soll geweckt werden. "Wenn man einmal das Innenleben seiner Kaffeemaschine betrachtet hat, behandelt man sie anders", ist Julia Oberdörster überzeugt. Zum Prinzip des Repair Cafés gehört deshalb, dass man seine defekten Dinge nicht einfach abladen kann, sondern zusieht und hilft, wenn Toaster oder Zweirad wieder instand gesetzt werden.
Hilfe durch fachkundige und passionierte Bastler
Eine Garantie auf das Gelingen der Rettungsaktion können die Ehrenamtler nicht ausstellen, Haftung ist ausgeschlossen. "Und an Starkstrom oder Medizintechnik gehen wir generell nicht dran", erklärt Oberdörster. Aber im Siegburger Repair Café ist schon eine ganze Menge Erfahrung versammelt. Der Handwerker bringt sein Können ebenso ein wie der Pensionär mit technischer Berufsausbildung und der Informatiker, der gerne mal praktisch arbeitet. Sie alle motiviert neben dem Wunsch, etwas zu verändern, auch die Anerkennung der dankbaren Besitzer. Spenden werden für Werkzeug und kleine Verbrauchsteile wie Widerstände und Dichtungen verwendet.
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