Seit 2016 kann man in Essen kostenlos Lastenräder ausleihen. Die Gruppe "Transition Town - Essen im Wandel" hat die nachhaltigen "ELA"s auf die Straße gebracht.
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Andrea Schmitz
Björn Ahaus von Transition Town Essen/Initiative für Nachhaltigkeit e.V. mit Lastenrad „ELA“.
2016 hat „Transition Town – Essen im Wandel“ das erste freie Lastenrad auf die Straßen der Revierstadt gebracht. Mittlerweile sind in einem Gemeinschaftsprojekt mit ADFC und VeloCityRuhr acht Räder unterwegs.
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„Schaue nicht auf das Vorderrad, sondern dahin, wohin du fahren willst.“ Ein wichtiger Hinweis für Lastenrad-Neulinge. Denn fast 2,50 Meter Länge, ein Eigengewicht von zirka 24 Kilogramm und die indirekte Lenkung sind etwas gewöhnungsbedürftig. Doch beim Selbstversuch im Sattel von „ELA“, dem Essener Lastenrad, stellt sich rasch das Gefühl ein, das froschgrüne Gefährt ganz gut im Griff zu haben.
Rollender Werbeträger für klimafreundliche Mobilität
Die Stadtteilnetzwerk-Gruppe von „Transition Town – Essen im Wandel“ hatte das Cargobike 2015 mithilfe eines Preisgeldes anschaffen können. Schnell entstand die Idee, „ELA“ nicht nur für Aktivitäten von Transition Town zu nutzen, sondern auch kostenlos an alle abzugeben, die Wasserkästen, einen Kühlschrank oder auch Kinder umweltschonend von A nach B bringen wollen. Das erste freie Lastenrad der Revierstadt war geboren. Seit 2016 transportiert es bei jedem Einsatz auch Denkanstöße für eine klimafreundliche Mobilität in die Öffentlichkeit.
Rückenwind durch das Grüne-Hauptstadt-Jahr
Inzwischen gibt es in Essen eine ganze Lastenrad-Familie mit acht Mitgliedern. Außerdem sind vier Anhänger im Verleih. Möglich wurde dies durch eine Kooperation zwischen dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Essen (ADFC), der Initiative VeloCityRuhr und der Essener Transition Town-Initiative. Die drei Partner entwarfen das Projekt „Lasten radeln in den Nachbarschaften – Klimafreundliche Mobilität durch freie Lastenräder in der Grünen Hauptstadt Europas 2017, Essen“ und erhielten eine Förderung durch die Nationale Klimaschutzinitiative.
Der ADFC ist der Träger des Projekts, die Ausleihe aller Räder und Anhänger wird online über die zentrale Buchungsplattform www.essener-lastenrad.de organisiert.
Ehrenamtliche Radpaten in verschiedenen Stadtteilen
Untergestellt, gepflegt und an Radlerinnen und Radler ausgegeben werden die einspurigen Essener Lastenräder von ehrenamtlichen Paten. So gibt es verteilt über das Stadtgebiet mehrere Ausleihstationen. Wer ein Rad nutzen möchte, registriert sich auf der Internetseite, sucht nach dem passenden und freien Termin und stellt eine Buchungsanfrage. Mit der Bestätigungsmail kommt die Information, wann und wo das Transportgerät abgeholt werden kann. „Wir haben ein bisschen ausprobiert, welche Standorte gut funktionieren“, sagt Simon Knur von VeloCityRuhr, der selbst ein Rad betreut. In manchen Quartieren seien die Menschen halt Rad-affiner als in anderen. „So sind die Räder durch die Stadt gewandert.“
Bis zu 100 Kilogramm Nutzlast lassen sich auf den Packrahmen laden.
Rund 400 Nutzerinnen und Nutzer sind registriert
Mittlerweile liegt die Auslastung der Essener Lastenräder bei etwa 50 Prozent. Die Initiatoren schätzen, dass jedes Transportrad seit 2017 etwa 2000 bis 3000 Kilometer zurückgelegt hat. Rund 400 Nutzerinnen und Nutzer haben sich auf der Buchungsplattform registriert. „Das Verständnis hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren stark gewandelt“, stellt Simon Knur fest. Mehr Menschen entdeckten das Lastenrad für sich. „Wir verlieren immer wieder Kunden, weil die sich nach dem Ausleihen entscheiden, selbst eins anzuschaffen.“ Bei manchen ersetze das Fahrrad den Zweitwagen. Bis zu 100 Kilogramm Nutzlast lassen sich auf den Packrahmen laden. Mit montierten Seitenteilen hat man vorne eine Kiste, in die für kleine Passagiere Kindersitze installiert werden können.
„Lastenräder sind wunderbar positiv besetzt“
Bei allen praktischen und ökologischen Aspekten spielt beim Lastenradfahren auch der Spaßfaktor eine Rolle. „Es ist wunderbar positiv besetzt. Die Leute gucken, man wird sogar angefeuert“, erzählt Knur. Kleine Kinder fänden das Mitfahren großartig. Denn vorne in der Kiste haben sie freien Ausblick und nicht „den Hintern der Eltern vor der Nase“. Zu den Nutzern gehöre aber auch ein Imker, der mit dem Rad seine Bienenstöcke ohne Umladen bis in den Wald fährt oder der Handwerker, für den kleinere Aufträge durch das Wegfallen der zeitaufwändigen Parkplatzsuche lohnenswerter sind.
Ausleihen ist gratis, Spenden sind willkommen
Nach dem Auslaufen der Förderung durch die Klimaschutzinitiative ist das Lastenrad-Projekt auf Spenden angewiesen, um Reparaturen und erforderliche Anschaffungen zu finanzieren. Das Leihen ist kostenlos, denn jeder und jede soll die ELAs nutzen können – unabhängig vom Einkommen.